Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung 09. November 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 4 Leitantrag |
Antragsteller*in: | Henriette Held, Annabelle Schumacher, Björn Suhr, Emma Groß, Tobi Krug (Landesvorstands MItglieder) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.10.2024, 20:11 |
A2: Keine Zeit für Winterschlaf - Jetzt erst Recht!
Antragstext
Austritte
Die letzten Wochen waren aufwühlend und emotional. Wir waren konfrontiert mit
grundlegenden Fragen. Was will ich eigentlich bewirken und wo kann ich das in
dieser Gesellschaft am besten tun? Inwiefern geht das überhaupt innerhalb von
Parteien und Parlamenten?
Und wie sieht das Ziel eigentlich ganz konkret aus, diese feministische,
nachhaltige und sozial gerechte Gesellschaft? Wir sind alle überzeugt davon,
dass wir in einer Gesellschaft leben wollen, wo nicht jedes 5. Kind in Armut
aufwächst. Wo es überhaupt keine Menschen mehr gibt, die sich jeden Monat fragen
müssen, wie sie ihre Existenz sichern können. In einer Gesellschaft, in der wir
unsere Erde und die Natur nicht ausbeuten, sondern mit ihr leben. In einer Welt,
in der es keine strukturelle Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen mehr gibt.
In einer Gesellschaft, in der es auf dem Land und in der Stadt soziale Räume
existieren. In der wir mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch kommen,
in der Kultur, Kunst und Gemeinschaft keine Hürde, kein Privileg und kein Luxus
mehr sind.
Und wir alle sind uns sicher, dass der Wandel auch möglich ist. Aber wie kann
der Weg dorthin aussehen?
Es bedeutet für uns alle ein konstantes Hinterfragen, ob man den Wandel, da wo
man sich gerade engagiert, am besten, schnellsten und effektivsten herbeiführen
kann. Und auch, wenn unsere Meinungen dazu auseinander gehen mögen, in einem
sind wir uns wohl alle einig. Am Ende weiß niemand wie der beste Weg aussieht
und wir alle stecken unsere Zeit und Energie da rein, wo wir uns am politisch
wirksamsten fühlen. Es gilt also weiterhin, seid solidarisch miteinander, denn
gemeinsam sind wir stärker!
Wir bleiben in der Grünen Jugend. Wir bleiben aber nicht aus Sentimentalität.
Wir bleiben nicht, weil wir nicht nachvollziehen können, warum man jetzt aus der
Grünen Partei austreten soll. Wir bleiben, gerade weil die Zeiten schwierig
sind. Wir bleiben aber auch kritisch, unbequem und laut. Denn der alte
Bundesvorstand hat Recht, wenn er sagt, die Grünen verlieren vor lauter
vermeintlichen Sachzwängen aus dem Blick, welche Politik sie da eigentlich
mittragen! Eine Partei muss es ernst nehmen, wenn so viele
Verantwortungsträger*innen der Grünen Jugend austreten, weil sie mit dem
grundlegenden Kurs nicht mehr mitgehen.
Und sie muss ernsthaft Schlüsse daraus ziehen!
Bundestagswahl 2025
Der Herbst ist da und es wird kälter, auch politisch spüren wir die soziale
Kälte, gegenüber vielen Gruppen, ob Geflüchteten oder Bürgergeldempfänger*innen.
Und das färbt ab: marginalisierte Gruppen sind an so vielen Orten
Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Deswegen: haben wir keine Zeit für
Winterschlaf! Jetzt erst Recht!
2025 steht die Bundestagswahl an. Gerade in so politischen Zeiten ist dieses
Ereignis von entscheidender Bedeutung. Immer mehr Studien zeigen, wie
unzufrieden die Jugend mit der aktuellen Politik ist. Dass linke Parteien oft
nicht aus Überzeugung, sondern gewählt werden, weil die anderen Parteien noch
weniger zu den eigenen Einstellungen passen, ist ein massives Problem. Fest
steht, dass unsere Kampagne nicht daraus bestehen wird, Sonnenblumen und Mini-
Windräder To Go zu verteilen. Wir werden diese politisch aufgeladene Zeit aber
nutzen, um mit eigenen Kampagnen die Themen, die uns und andere junge Menschen
bewegen, sichtbar zu machen.
Wenn man politische Mehrheiten für linke Ideen organisieren will, muss man diese
Menschen ansprechen, ihnen zuhören und gemeinsam mit ihnen Politik machen.
Für uns steht fest, wir brauchen einen Richtungswechsel bei den Grünen. Für uns
steht fest, es muss im großen Stil umverteilt und in soziale und klimagerechte
Infrastruktur investiert werden!
Das Gute Leben für alle
In der Grünen Jugend und in linken Räumen gilt es oft als Ziel, das sogenannte
"gute Leben für alle" zu erreichen. Das klingt erstmal schwer greifbar. Ist es
überhaupt möglich, dass jeder Mensch ein gutes Leben hat? Und wer bestimmt, wann
ein Leben gut läuft und wann nicht?
Worauf wir uns einigen und was wir benennen können, ist, was schlecht läuft in
dieser Gesellschaft. Aber was wir konkret wollen und worauf wir zu arbeiten? Da
wird es schon unklarer.
Das ist das Schwierige an grundlegendem Wandel - viele sind sich einig, dass der
Kapitalismus ein, wenn nicht sogar das große Problem ist, welches wir überwinden
müssen, aber was ist die Alternative?
In solchen Diskussionen wird einem oft entgegnet, dass der Kapitalismus zwar
nicht die perfekte Lösung sei, diese Wirtschaftsform aber eben das Beste ist,
was wir haben. Damit werden linke Ideen oft als naiv, unrealistisch und
realitätsfern abgetan und kapitalistische Verhältnisse und der Status Quo
gestützt.
Und dieses Problem macht auch innerhalb der linken Blase nicht halt. Viele haben
diesen Zustand längst akzeptiert. Der Kapitalismus wird in schwungvollen Reden
und Utopiedebatten zwar verdammt, aber ganz konkret beschränkt sich die
politische Linke auf Schadensbegrenzungen und kleinere Systemreparaturen. Hier
eine Frauenquote, dort ein bisschen mehr Gehalt und da ein bisschen mehr
Recycling.
In der neoliberalen Gesellschaft, in der wir leben, ist längst verankert, dass
wir als viele Individuen existieren. Aber nicht als eine Gemeinschaft.
Warum finde ich keine Wohnung, warum habe ich ein Burnout, warum werde ich
diskriminiert? Es geht stets darum, wie wir selbst und individuell mit
Erfahrungen und Herausforderungen umgehen.
Uns jungen Menschen wird auf Social Media gelehrt, dass wir bei Stress Self Care
betreiben müssen, dass wir uns von toxischen Personen in unserem Leben abgrenzen
sollen. Es geht um Self Love, sich selbst zu lieben, sich selbst zu optimieren,
was aber auch heißt, alles, was mich verunsichert, mich herausfordert, mich
kritisiert, sollte ich aus meinem Leben entfernen.
Dabei erfordert diese Selbstoptimierung immer individuelle Handlungen. Ich liebe
meinen Körper, Aussehen und Charakter, ich verhalte mich nachhaltig und
emissionsarm und teile auf Instagram pastellfarbene Kacheln mit politischen
Sprüchen, damit alle wissen, dass ich auf der guten Seite stehe.
Diese ganze individuelle Glücksmaximierung führt nicht zur Abschaffung von
Diskriminierung und Ausbeutung ganzer Gesellschaftsgruppen. Die Frage nach dem
guten Leben für alle muss also repolitisiert und von der individuellen auf die
kollektive Ebene gehoben werden. Es geht eben um ALLE in der Gesellschaft und
nicht um mich als Individuum und die moralen Maßstäbe meiner Handlungen. Wir
müssen wieder eine echte Gemeinschaft schaffen und ein Bewusstsein für
Klassenverhältnisse,um das Recht auf das gute Leben für Alle einzufordern.
Solidarische Projekte
Es ist mittlerweile klar geworden, wie essenziell die Gemeinschaft in unserer
politischen Praxis ist. Wie wichtig soziale Räume sind, die diese Gemeinschaft
und Solidarität schaffen. Deswegen beschränken wir uns nicht auf den
Parlamentarismus, sondern gehen auf die Straße! Sind vor Ort, um mit
Bündnispartner*innen konkrete Räume zu schaffen.
Junge Menschen haben oft keine sozialen Räume, in denen man sich aufhalten kann.
Es ist ein riesen Problem, dass im Moment gerade die Orte, die Gemeinschaft
bieten, von rechten Narrativen und Menschen dominiert werden!
Wir können als Grüne Jugend MV keine alten Bahnhöfe renovieren oder in allen
Dörfern Jugendhäuser errichten. Wir können nicht jeden Mittwoch in Demmin ein
Hausaufgaben-Cafe anbieten oder jeden Freitag in Bützow einen Club. Aber darum
geht es auch nicht. Es gibt schon so viele tolle linke Menschen und Projekte
überall in MV. Uns geht es darum, uns mit ihnen zu vernetzen, sie zu
unterstützen, gemeinsam mit ihnen neue und solidarische Räume zu schaffen!
Denn wir brauchen die Orte, vor allem auf dem Land und im Osten, die Solidarität
und Gemeinschaft fördern. An denen junge Menschen sich treffen und austauschen
können. Die Freundschaften bieten und echte soziale Kontakte, wo sich Menschen
untereinander helfen und unterstützen und füreinander da sind.
Änderungsanträge
- Ä1 (Gustav Burmester (LV Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern), Nicht zugelassen)